Um 1842 begann
der Windmüller Heinrich Grote aus Ahlshausen mit den Vorbereitungen zum Bau einer
Bockwindmühle auf der Stroiter Flur. Die Steine für die Grundmauern wurden vom
Steinbrecher Messerschmidt gebrochen. Als Baumeister wirkte der Maurermeister Warnecke aus
Ammensen, der etwa 30.000 Barrensteine vermauerte. Ebenfalls am Bau beteiligt war der
Geschirrbauer Glenewinkel Delligsen (vermutlich Gerüstbauer ?). Der Name des eigentlichen
Planers und Mühlenbauers wird in den Akten nicht genannt.
Grotes zweite Ehefrau
brachte einen 3/4 Spännerhof in Ahlshausen mit in die Ehe, damit fiel dem aus Bierbergen,
Landkreis Peine, stammenden Grote auch der Titel Ackermann zu. Ausgestattet mit diesem
Grundbesitz konnte er zunächst einiges in die Waagschale werfen. Der Neubau einer Mühle
hing, vor der Einführung der Gewerbefreiheit 1866, von der Zustimmung des Landesherren
bzw. seiner Vertreter ab. Dazu musste der Antragsteller in öffentlichen Ankündigungen,
durch Zeitungsanzeigen, der Nachbarschaft seine Absicht kund tun, um eventuelle
Einsprüche der Anlieger abzuwarten. Die Müller Warnecke (Greene) und Küster (Voldagsen)
erhoben sofort Einspruch mit der Forderung diesen Bau überhaupt zu verbieten. Zum Verbot
kam es nun allerdings nicht, hingegen führten Warnecke und Küster mit der
Staatsregierung einen fast sieben Jahre dauernden Prozess über die Höhe einer
Entschädigung für entstandene Einnahmeverluste durch Grotes Mühlenbau. Um den Prozess
nicht weiter ausufern zu lassen stimmten die Kontrahenten schließlich einem mageren
Vergleich zu. Während des Prozesses stellte die herzogliche Regierung sehr detaillierte
Untersuchungen über die Frequentierung der einzelnen benachbarten Mühlen an, unter
Einbeziehung der auf den Hannoverschen Mühlen gemahlenen Mengen, ermittelt durch die
Nebenzollämter Mühlenbeck und Delligsen. Älteren Erbzinsmühlen stand nach einem Gesetz
von 1840 für den Verlust der Kundschaft durch neuerbaute Mühlen eine von Fall zu Fall
festzusetzende Entschädigung zu. Grote weigerte sich standhaft und mit Erfolg, unter
Berufung auf andere Paragraphen dieses Gesetzes, eine Entschädigung zu zahlen.
Seinem Plane folgend
erwarb er 1843 von der Gemeinde Stroit etwa 2 Morgen und vom Großköter Ebrecht etwa 4
Morgen Land im Rosensieksfelde auf dem Rothenberge, unweit der heutigen B3 und baute
darauf eine Bockwindmühle sowie ein Anbauerhaus. Am 25.8.1843 erhielt er die Konzession
zum Betrieb der Bockwindmühle mit einem Mahl- sowie einem Schrotgang. Ein langes Dasein
war dieser Bockmühle nicht beschieden, denn sie brannte in der Nacht vom 31.Mai zum
1.Juni 1849 vollkommen ab. Der Greener Justizamtmann vermutete sogar Brandstiftung,
führte aber keine weiter führenden Untersuchungen durch. Die als Sachverständige
hinzugezogenen Amtsmaurer- und Zimmermeister stellten Totalschaden fest und empfahlen die
Auszahlung der Versicherungssumme von 2000 Thalern an den Geschädigten. Grote erbaute
nun, anstelle der Bockwindmühle, einen stattlichen Galerieholländer mit 4 Etagen und
einer Höhe von etwa 21 Metern. Dabei überschätzte er wohl erheblich seine finanziellen
Möglichkeiten und die mit wechselnden Auslastungen verbundenen, erzielbaren Gewinne zur
Abdeckung der Zinsen für die aufgenommenen Kapitalien.
Auch der heutige
Besucher kann dem Baumeister, dessen Name in den Akten nicht festgehalten wurde, die
Achtung nicht verwehren. Galerieholländer gehören zu den seltenen Bauwerken im
niedersächsischen Hügelland, da ihr Hauptverbreitungsgebiet eigentlich in den
norddeutschen Küstenregionen liegt. Um eine bessere Auslastung der Windkraft in der neuen
Mühle zu erreichen beabsichtigte Grote zusätzlich einen Öl- und Graupengang einzubauen.
Dazu musste zunächst das umständliche behördliche Genehmigungsverfah- ren, mit zu
erwartenden Einsprüchen der Umlieger, in Gang gesetzt werden. Zu den weiteren
Aktivitäten Grotes gehörte der Ankauf des Großkothofes Helmke Nr.ass.7. in Stroit,
finanziert mit Krediten des Hauptgläu- bigers Pastor Henneberg in Brunsen. Mit einer
Umschreibung der Besitztitel durch Zusammenlegung der Ländereien des Großkothofes auf
das Mühlenanwesen gedachte Grote die Effizienz seiner Landwirtschaft vom
Mühlengrundstück Nr.ass.57 aus entsprechend zu steigern. Dieses Vorhaben scheiterte am
Einspruch der Gläubiger.
Grotes
abenteuerlicher Plan in Garlebsen eine Wassermühle mit zwei Gängen zu errichten ging
nicht mehr in Erfüllung. Durch den Abfall der Getreidepreise verschlechterten sich die
wirtschaftlichen Verhältnisse sowohl für die Landwirtschaft als auch für
Mühlenbetriebe die über wenig Eigenkapital verfügten. Um einem Zusammenbruch seiner
Unternehmungen zu entgehen, verließ Grote heimlich das Herzogtum und entwich, wie es so
schön im Beamtendeutsch hieß, nach Amerika. Weder sein Name noch der seiner
Familienangehörigen tauchte in den offiziellen Auswandererlisten auf. Eine Tochter aus
erster Ehe wanderte bereits 1857 offiziell aus.
Inzwischen kümmerten
sich ein von Grote eingesetzter Vermögensverwalter sowie ein gerichtlich bestellter
Pfleger um die Grundstücke.
Um den Gläubigern zu
ihrem Geld zu verhelfen sollte Grotes gleichnamiger Sohn, versehen mit einer
Volljährigkeitserklärung, den Betrieb übernehmen. Am 20.8.1864 übertrug Grote sen. vom
amerikanischen Domizil in Hancock, US Staat Michigan, am Südufer des oberen Sees gelegen,
seinem ältesten Sohn die Besitzungen in Stroit einschließlich Mühle mit der
Verpflichtung die Schulden abzutragen, seine Geschwister auszuzahlen und dem Vater bei
einer eventuellen Rückkehr ein Altenteil zu sichern.
Grote jun. gelang es
nicht den hohen Schuldenberg abzubauen. Etwa um 1867 hatte er vollkommen abgewirtschaftet.
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Einen Einblick
in die nun folgenden verworrenen Besitzverhältnisse gewährt ein späterer Bericht des
Pastors Adjkt. Heinrich Dedekind aus Ellierode, der nach dem Tode seiner Stiefmutter,
1867, als Familienoberhaupt die Interessen seiner Halbgeschwister wahrnahm.
Danach übernahm
zunächst der Hauptgläubiger Pastor, Henneberg aus Brunsen, den Besitz und verkaufte
diesen weiter an die Witwe des Superintendenten Justus Dedekind, Charlotte Antoinette,
geb. Warnecke früher Salzdahlum. Sie verstarb während der Übergabeverhandlungen am
8.10.1867 in Stroit. Als Erben traten nun auf, der Ökonom Carl Dedekind Stroit, die
Ehefrau des Salineninspektors Grotrian, geb. Dedekind in Schöningen sowie die
unverehelichte Marie Dedekind. 1868 wird der Ökonom Carl Dedekind als Besitzer des
Großkothofes und der Windmühle eingetragen. Wahrscheinlich reichten weder seine
Fähigkeiten noch seine Mittel aus um den Besitz zu halten. Die Gläubiger schlugen nun
vor die Mühle unabhängig vom Kothof zu verkaufen um einen höheren Preis zu erzielen.
Mit einem
Höchstgebot von 4350 Thalern erwarb der Müller Heinrich Kahlefeld aus Atzum am 29.3.1870
die Mühle nebst Wohnhaus sowie Nebengebäuden und etwa 6 Morgen Land. Auch Kahlefeld wurde
dort nicht glücklich und verkaufte am 12.11.1872 an den aus Lebenstedt kommenden
Mühlen-Pächter Friedrich Fesing. Diesem gelang es als Erstem einen ertragsfähigen
Mühlenbetrieb aufzu-bauen. 1902 übernahm Fdr. Fesing jun. das Geschäft vom verstorbenen
Vater und modernisierte den Betrieb durch Einbau von Elevatoren und einem Walzenstuhl.
Leider verunglückte Fesing jun. 1905 tödlich durch einen Betriebsunfall in der Mühle.
Seine Witwe verkaufte die Mühle, mit Ausnahme des Anbauerhauses und einigen Morgen Land
1906 an den Müller Richard Woitag. 1951 übernahm der jetzige Besitzer Robert Woitag den
Betrieb.
Seit 1930 arbeitete die Mühle ohne Wind mit einem Elektro-Motor mit 12,5 PS.
Joachim Dette, Wolfenbüttel
Artikel über die Stroiter Windmühle in Wikipedia
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Das Mühlensterben in den fünfziger Jahren machte auch vor
der Stroiter Mühle nicht Halt; der Mahlbetrieb wurde 1962 eingestellt. Durch den
Stillstand entstanden große Schäden an der Bausubstanz.
1970 stellte der
Landkreis Gandersheim Gelder zur Verfügung für den Bau neuer Flügel, damit rückte die
Stroiter Mühle wieder in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Die Mühle steht 240m über
dem Meeresspiegel und ist damit nicht nur Niedersachsens südlichste Windmühle, sondern
auch die höchstgelegene.
1984 etablierte sich der
Förderverein Stroiter Mühle e.V. und begann mit der Sanierung. Seither sind gut
350.000,-DM in die Renovierung geflossen. Rechtzeitig zum Tag des offenen Denkmals, am 12.
September 1999, bekam die Mühle ein zweites mal neue Flügel. Instandgesetzt wurde auch
das Kammrad in der Spitze, welches die Königswelle antreibt, die dann den Mühlenstein in
Gang bringt.
Im Zwischengeschoss wurde mit Hilfe
der Freiwilligen Feuerwehr Stroit ein schwerer Deckenbalken wieder eingezogen.
Die höchsten Kosten haben bisher die neue Galerie, das neue Windspiel und die
Mauersanierung verursacht.
Die Windmühle steht unter Denkmalschutz. Sie liegt an der Bundesstraße 3, zwischen Alfeld
und Einbeck und prägt das Landschaftsbild zwischen Hils und Selter.
Besichtigungen können unter folgender Telefonnummer vereinbart werden: 05565/ 451.
Prospekt der Mühle und Anmeldeformular für den Mühlenverein. |