Das Dorf Stroit - Sein geschichtlicher Werdegang
Stroit ist ein Dorf im Weser-Leinebergland. Es liegt am Osthang des Bergzuges Hils. Das Dorf gehörte bis zur Verwaltungsreform 1974 zum Kreis Gandersheim. Heute ist es ein Ortsteil der Stadt Einbeck, Landkreis Northeim.
Namensformen:
Der Name Stroit hat sich entwickelt aus Struht (um 1130), Stroth (1285), Strod (1383), Strut (1340), Stroitt (1542/44), die Straut (1749; Corpus bonorum von Brunsen). „Strut ist ein Wald mit sumpfigem Boden“ (E. Schröder, Harzzeitschrift 1908).
Bedeutung des Ortswappen:
Beim Wappen von Stroit ist, im von Blau über Gold schräg geteilten Schild, oben eine silberne Holländer Windmühle und unten drei grüne Binsen mit Rohrkolben zu sehen. Im Schildfuß befindet sich ein grüner Berg. Die Windmühle von Stroit ist eine sogenannte Holländer-Windmühle, bei der die Kappe gedreht werden kann. Holländische Siedler sollen es gewesen sein, die das ehemals sumpfige Gebiet in Stroit und südlich des Dorfes urbar gemacht haben. Die Binsen sollen an diese ursprüngliche Landschaft erinnern. Der Berg im Schildfuß ist das gemeinsame Wappenzeichen der Dörfer „Auf dem Berge“. Die Färbung Blau-Gold zeigt die Zugehörigkeit zum ehemaligen Herzogtum Braunschweig an.
Entstehung:
Die erste, urkundlich bekannte Erwähnung erfolgte etwa 1130 zusammen mit anderen Ortschaften als Gandersheimisches Lehen, das im Besitz der Grafen von Winzenburg war. Es ist aber wahrscheinlich, dass das Dorf wesentlich älter als das erwähnte Datum ist. So nimmt Professor Hahne an, der sich mit einigen Ortsgeschichten dieser Gegend beschäftigt hat, dass die erste Besiedlung von Stroit bereits z. Zt. der Cherusker in den ersten Jahrhunderten nach Christi Geburt erfolgte. Die Siedlung gehörte damals zum kleinen sächsischen Grenigau.
Es ist weiter anzunehmen, dass nach den Sachsenkriegen Karls des Großen um 800 der Ort Stroit mit dem gesamten Grenigau in das Frankenreich einbezogen wurde. Dabei wird der gesamte Hils zum Königsforst mit staatseigenem Wildbann erklärt und somit staatliches Eigentum. Daher hatte Stroit keinen gemeinschaftlichen Wald. Den Bewohnern wurden aber Holznutzungs- und Weiderechte gewährt. Dazu ist im Erbenzins-Register des Amtes Greene von 1548, angefertigt von Oberamtmann Heynemeyer, zu lesen: „Dieses Dorf (Stroit) hat kein eigen Holtz, haben ihre Feuerung und Bauholtz auß dem Hilße an Fall- und unfruchtbaren Bäumen, so nach Nothdurft erlaubet wird“.
Nach Professor Hahne sind folgende Flurstücke als ältestes Kulturland der Dorfflur zu bezeichnen: Mühlenbreite, Hinter Männe, Vor dem Krühligs Sieke, Auf den unteren und oberen Linneäckern, Auf dem Einbeckerberge. Wie ein Kranz legen sich um diese die später gerodeten Flächen, die an den Waldbestand erinnern: In den Birken, Unter den Eichen, Auf den Eichen, Auf dem Eichebusche, Rosensiek, Auf dem Rothenberge (gerodeter Berg), Kohli (Ort, wo Holzkohlen durch Meilerbetrieb gewonnen werden), Auf dem Reiher.
Stärkere Waldrodungen setzen im 12. und 13. Jahrhundert ein und werden als Hägerland bezeichnet. Die an den Rodungen teilnehmenden Bauern (Hägerbauern) hatten dann auch für ihr Hägergut eine eigene niedere Gerichtsbarkeit und setzten in den „Hägegerichten“, die später unter dem Vorsitz des Herzoglichen Amtmanns abgehalten werden, die Wrogen (Strafen) für geringe Vergehen fest.
Der „Hauptzehnt der Stroither Flur“ wird zu einem nicht genau bekannten Zeitpunkt (nach Professor Hahne) ein gandersheimsches Stiftslehen der Homburger Grafen. In der Folgezeit geht der Zehnt an das Kloster Amelungsborn und dann nach dem Alexanderstifte zu Einbeck. Nach dem Greener Erbregister gehören aber um 1758 bei einer Gesamtflur von 1338 Morgen, über 1185 Morgen der herzoglichen Kammer.
Stroit war hinsichtlich seiner Verwaltung und Gerichtsbarkeit seit etwa 1030 der „advocatia Greene“ unterstellt, dem späteren Amt Greene, und gehörte diesem an bis zu seiner Auflösung und Überführung in die Kreisdirektion Gandersheim im Jahre 1843.
Eisenbahn:
In den Jahren 1862 bis 1865 wurde vom Herzogtum Braunschweig die Eisenbahnlinie von Kreiensen nach Holzminden gebaut. Damals kam Leben ins Dorf. Viele Menschen fanden für einige Zeit willkommene Arbeit und Verdienst. Ein hoher, aufgeschütteter Bahndamm am südlichen Dorfrand veränderte das Landschaftsbild in der unmittelbaren Nähe des Dorfes.
Leben im Dorf:
Die Lebensbedingungen sind in Stroit nie ganz leicht gewesen. A. Lambrecht schreibt 1863, dass Spinnerei und Leineweberei die Hauptbeschäftigung der Einwohner sei. Im Wandel der Zeiten ist Stroit wohl immer ein Bauerndorf gewesen. Zwar gab es hier auch einmal eine Gipsfabrik, ein Sägewerk und eine Käserei. Aber ein großer Teil der Menschen war auf den Bauernhöfen beschäftigt. Auch die einst eng mit der Landwirtschaft verbundenen Berufe wie Stellmacher, Radmacher, Sattler, Schmied gab es im Dorf; und natürlich auch andere Handwerker wie Schuster, Bäcker, Tischler, Maurer. Trotzdem war nicht immer für alle Arbeit im Ort vorhanden. So mancher Stroiter musste täglich den langen Weg über den Berg bis in die Steinbrüche im Hils und Selter zurücklegen. Es gab auch Auswanderungen nach Amerika. Allein in den 25 Jahren von 1846 bis 1871 sollen es 38 Männer, 42 Frauen und 48 Kinder gewesen sein.
Nach dem zweiten Weltkrieg wurde es, bedingt durch die vielen Flüchtlinge aus dem Osten, eng in den Häusern. Aber alle fanden Unterkunft und Brot. Einige der ehemals Vertriebenen sind geblieben und haben in Stroit ihre zweite Heimat gefunden.
Der 1973/74 erstellte Bau eines Dorfgemeinschaftshauses mit angrenzendem Sportgelände am westlichen Dorfrand wurde ein Ort für Aktivitäten und Veranstaltungen der Vereine und der Bevölkerung. In dieser Zeit gab es auch eine bauliche Ausweitung des Dorfes in nörd-westlicher Richtung. Einige Handwerksbetriebe – Tischlerei, Gärtnerei und Baumschule, Maßschneiderei, Dreherei, Bäckerei – konnten sich ausweiten.
Kultur:
Einen Einschnitt in das geistige Leben des Dorfes gab es 1971 mit der Schließung der Volksschule. In dem Schulgebäude, das in unmittelbarer Nähe der Kirche im Unterdorf liegt, befanden sich neben zwei großen Klassenräumen auch die Lehrerwohnungen. Jahrzehntelang erhielten hier alle Schulkinder ihre geistige Bildung. Die Schule veranstaltete Feste und Feiern, an denen die Bewohner des Dorfes teilnahmen. Schulfahrten und Wanderungen führten die Kinder aus der Enge des Dorfes hinaus.
Der Unterricht aller Schüler in nur zwei Klassenräumen (nach dem zweiten Weltkrieg über 40 Schüler in einem Klassenraum) war sicher nicht immer leicht. Aber gelernt haben alle etwas.
Mit der Schließung der Schule ging ein Stück Kultur für das Dorf verloren. Ebenso einschneidend war die Auflösung des gemeinsamen Pfarrverbandes Brunsen und Stroit am 31.12.1986, der seinen Ursprung im Mittelalter hatte.
Heute:
Heute, am Beginn des 21. Jahrhunderts, hat Stroit sich natürlich verändert. Neben einigen Neben-Erwerbslandwirten gibt es nur noch sehr wenige leistungsfähige Bauernhöfe im Vollerwerb. Der größte Teil der z. Zt. etwa 300 Dorfbewohner fährt zur Arbeit in die umliegenden größeren Städte.
Stroit gehört mit seiner schönen Kirche zum Pfarrverband Naensen. Die Schulkinder werden in den Schulen der Stadt Einbeck beschult. Das kulturelle Leben wird von den örtlichen Vereinen bestimmt und gefördert und auch manche Eigenleistung und ehrenamtliche Tätigkeit wird von diesen übernommen.
Aber Stroit hat trotz aller Veränderungen seinen ländlichen Charakter bewahrt. Stroit ist immer noch das Dorf „unter dem Hilse am Stroiter Bache gelegen mit der Kirche im Innern“ und der Windmühle auf dem Berg .
E. Wille, Ortsheimatpflege (nach einer Zusammenstellung von Dr. K.-E. Lindner)